Selbstreflexion – der innere Blick, der nicht jeder wagt

Warum wir uns selbst beobachten können – und warum manche es lieber vermeiden.

Ich denke viel über mich nach. Nicht aus Eitelkeit. Nicht aus Unsicherheit. Sondern weil ich gelernt habe, dass ich mich nur dann nicht verliere, wenn ich mich ab und zu selbst anschaue – ohne Maske.

Das klingt einfach. Ist es aber nicht.

Was ist Selbstreflexion überhaupt?

Für mich ist Selbstreflexion der Moment, in dem du innehältst, nicht, um dich zu bewerten, sondern um dich zu beobachten. Es ist ein innerer Blick – nicht auf das, was du tust,
sondern auf das, was dich im Tun bewegt.

Selbstreflexion fragt nicht: „War das richtig?“ Sondern: „War das ehrlich?“

Was es dafür braucht

Selbstreflexion funktioniert nicht nur im Kopf. Sie braucht einen Nährboden – auf mehreren Ebenen:

1. Körperlich

Du brauchst einen Körper, der nicht permanent im Überlebensmodus ist. Ein System, das nicht dauernd kämpft oder flüchtet, sondern für einen Moment sicher genug ist, um still zu werden.

2. Psychisch

Du brauchst die Fähigkeit, Widersprüche auszuhalten. Z. B. dass du stark bist – und manchmal trotzdem destruktiv handelst. Dass du gute Absichten hast – aber Menschen verletzt. Wer das nicht halten kann, greift zu Schuld oder Abwehr.

3. Emotional

Du brauchst Zugang zu deinen Gefühlen, ohne darin unterzugehen. Reflexion ist nicht Grübeln. Sie ist ein gefühlter Rückblick – mit Abstand, aber nicht mit Kälte.

4. Mental / kognitiv

Du brauchst Sprache. Bilder. Ein inneres Vokabular. Denn du kannst nur das erkennen, was du irgendwie benennen kannst. Und viele haben das nie gelernt.

Warum tun sich so viele damit schwer?

Weil Selbstreflexion Mut braucht. Und radikale Ehrlichkeit, die nicht zerstört, sondern aufdeckt.Viele Menschen haben nie erlebt, dass es sicher ist, sich selbst ehrlich zu betrachten. Denn oft war jedes „Fehler zeigen“ verbunden mit Scham, Strafe, Abwertung. Dann wird der Blick nach innen zur Bedrohung – nicht zur Ressource.

Und was ist der Gewinn?

Selbstreflexion ist nicht immer angenehm. Aber sie ist Gold für jeden, der nicht in alten Mustern steckenbleiben will.

Sie ermöglicht:

  • Beziehung auf Augenhöhe

  • Entwicklung ohne Selbstverlust

  • Entscheidung aus Integrität, nicht aus Angst

  • Stille ohne Leere

  • Selbstwert, der von innen kommt

Und sie ist die Basis jeder echten Veränderung, weil du nur dann neu handeln kannst, wenn du weisst, was dich bis jetzt gesteuert hat.

Aber Vorsicht: Selbstreflexion ist keine Dauerlösung

Wer sich permanent reflektiert, kann sich auch verlieren – in Selbstkritik, Analyse, endlosen Schleifen. Manchmal hilft es mehr, zu spüren als zu denken.
Oder einfach zu sein – ohne Erklärung.

Selbstreflexion ist kein Ziel, sondern ein Werkzeug. Ein Spiegel, kein Richter. Ein Fenster, kein Käfig. Wenn du lernen willst, dich selbst zu sehen, ohne dich zu verlieren –
dann brauchst du keinen Spiegel, sondern einen Raum.

Einen, in dem du dich selbst hören darfst – ohne Urteil, ohne Druck.

Ich halte diesen Raum. Nicht als Therapeut. Sondern als jemand, der sich selbst sehr oft angeschaut hat – und gelernt hat, nicht wegzulaufen.

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Warum ich begleite – und was mich auf diesen Weg gebracht hat